Wenn Beruf zur Berufung wird
Haus Schöneberg: Belegschaft zeigt in Pandemie-Zeiten selbstlosen Einsatz.
„Das Engagement aller Mitarbeitenden ist phänomenal“, konstatiert Nils Peters. Der Geschäftsführer des Haus Schöneberg leitet die Einrichtung des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, deren Alltag seit Beginn der Corona-Pandemie einem Ausnahmezustand gleicht. Die Einschränkungen für Mitarbeitende und Bewohner waren und sind massiv. Mit ständig wechselnden Regelungen und Verordnungen ging ein hoher Anpassungsdruck einher. Zudem war von Beginn an die personelle Herausforderung enorm und nahm stetig zu. „Die Mitarbeiter haben das mitgetragen und weiter in Gruppen mit Infizierten gearbeitet, obwohl sie wussten, dass das Risiko, sich selbst zu infizieren, sehr hoch war“, sagt Peters.
Lange Zeit blieb die Einrichtung mit Sitz in der Boldixumer Straße virenfrei. Die Situation verschärfte sich, als Anfang Januar 2022 die Infektion einer Mitarbeiterin bekannt wurde. Umgehend und auch in den Folgewochen wurden bei allen Bewohnern und Mitarbeitenden PCR-Abstriche abgenommen. Infiziert haben sich bis heute 45 von insgesamt 224 Personen (22 Mitarbeiter, 23 Betreute). Dazu kamen Quarantäne- oder Isolationsmaßnahmen für Kontaktpersonen.
Nach Bekanntwerden der ersten Infektion wurden die ohnehin umfangreichen Schutzmaßnahmen verschärft. Werkstätten, Tagesförderstätte und Tagesgruppen wurden geschlossen und so ermöglicht, mit einer festen Zuordnung bestimmter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Gruppen von Betreuten sofort auf eine Kohorten-Betreuung umzustellen. In der Teestube im Multifunktionsgebäude wurde eine Hygiene-Schleuse eingerichtet. Diese passieren alle Beschäftigten der Wohnstätte, die in Vollschutz-Ausrüstung arbeiten, vor Arbeitsbeginn und nach Dienstschluss.
Hohe Infektionsquote nicht vermeidbar
Eine hohe Infektionsquote haben die Maßnahmen nicht verhindert. Allerdings konnten die Fälle auf drei Bereiche beschränkt werden. Betroffen waren zwei Wohngruppen der Wohnstätte und die Wohngemeinschaft „Haidweg“, wo sich alle Betreuten sowie der ganz überwiegende Teil der dort Beschäftigten infizierten. Auch wenn zwei Mitarbeiterinnen aufgrund langwieriger Krankheitsverläufe bis heute nicht belastbar sind: Krankenhaus-Behandlungen waren bisher in keinem Fall erforderlich; die Angst vor schweren Verläufen hat sich nicht bestätigt. Dabei war diese groß: „Wir haben ja auch Bewohner mit Trisomie 21“, berichtet Peters von der Sorge, „dass wir auch Menschen betreuen, bei denen nicht sicher war, ob die Impfung wirksam vor schweren Verläufen schützt.“
Der Quarantäne infizierter Mitarbeitender sowie der Isolation von Kontaktpersonen geschuldet mussten nicht infizierte Kollegen in besonders betroffenen Bereichen eingesetzt werden. Diese infizierten sich ebenfalls und mussten selbst in Quarantäne – ein Kreislauf, der die personellen Engpässe weiter steigerte. Als Folge wurde in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt Nordfriesland für einen begrenzten Zeitraum eine „Tunnel-Quarantäne“ realisiert: Infizierte Mitarbeitende betreuen infizierte Bewohner, bleiben in Quarantäne und dürfen diese nur für den direkten Weg zur und von der Arbeit verlassen. Diese konstruktive Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt ermöglichte die Aufrechterhaltung der Kohorten-Betreuung und verhinderte die Ausbreitung des Virus in andere Bereiche.
Nils Peters bescheinigt seiner Belegschaft und deren Bereitschaft, Betrieb und Betreuung aufrecht zu erhalten, eine stolze Leistung. „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben ein Engagement gezeigt, das so weder erwartet noch verlangt werden kann und höchste Anerkennung verdient.“
Aufopfernde Arbeit aller Beteiligten
Ein nicht selbstverständliches Engagement, das auch Amtsvorsteherin Heidi Braun und Wyks Bürgermeister Uli Hess beeindruckt. Die beiden Verwaltungsratsmitglieder betonen, dass für diesen freiwilligen Einsatz über das Normale hinaus nicht genug gedankt werden könne. Beide haben durch ihre ehrenamtliche Tätigkeit einen Einblick in den Tagesablauf des Haus Schöneberg bekommen und können einschätzen, welche Leidenschaft hier gezeigt wird. „Man hat das Gefühl, die Betreuung der Bewohner ist für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr Berufung als Beruf“, sagt Uli Hess. Deren Arbeit sei schon in normalen Zeiten nicht hoch genug zu würdigen. „Aber unter den besonderen Bedingungen von Corona selbst dann weiterzuarbeiten, wenn sie selbst infiziert sind, zeigt, welch aufopfernde Arbeit – von der Leitung bis zu allen Mitarbeitenden – hier geleistet wird.“
Im Haus Schöneberg ist derweil ein wenig Normalität eingekehrt: Seit dem 14. Februar sind die tagesstrukturierenden Angebote wieder vollständig in Betrieb genommen worden.
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